Medienmitteilung
Zürich, 26. August 2021
Ausweitung der GGG-Zertifikatspflicht und Abschaffung kostenloser Covid-19-Tests
Stellungnahme von Pro Kultur Kanton Zürich
Mit gewisser Besorgnis hat Pro Kultur Kanton Zürich von den Entscheiden des Bundesrates vom 25. August 2021 Kenntnis genommen. Es ist uns bewusst, dass die Kultur mit in der Pflicht steht, ihr Möglichstes beizutragen, die Pandemie so schnell wie möglich zu beenden. Dennoch beurteilt unsere Organisation die aktuellen Entscheide eher kritisch, insbesondere bezüglich ihrer möglichen Auswirkungen auf die Kultur. Die Pandemie darf sich nicht verlängern. Die Kultur leistet mit ihren Schutzkonzepten ihren Beitrag dazu. Mit der vom Bundesrat beabsichtigten Einführung einer generellen GGG-Zertifikatspflicht im Kulturbereich stellen sich neue Herausforderungen. Die geplante Abschaffung der Gratistests zum temporären Erhalt des Zertifikats wird die kulturelle Teilhabe für bestimmte Personen um 60 bis 100 Franken pro Eintritt verteuern.
Die Zugänglichkeit zur Kultur muss gewährleistet bleiben.
Die Einführung einer generellen Zertifikatspflicht erhöht die Schwelle der kulturellen Teilhabe. Eine gewünschte Erhöhung der Impfquote hat über Information und Aufklärung zu erfolgen und nicht über wirtschaftlichen Druck im Kulturbereich. Denn dies trifft sehr spezifisch jene Personen, die von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie betroffen sind. Ausserdem darf es nicht sein, dass für jene Personen, die sich nicht impfen lassen können, die Hürden für die kulturelle Teilhabe finanziell erhöht werden. Die Schwelle von Testkosten zwischen 60 und 100 Franken ist zu hoch.
Der Zeitpunkt der Einführung der Kostenpflicht für Tests ist verfrüht.
Der Zeitpunkt der Aufgabe der kostenlosen Tests zum Erhalt des Zertifikats auf den 1. Oktober 2021 ist zu kurzfristig und zu verfrüht. Selbst wer sich sofort nach dem 25. August um einen Impftermin bemüht, hat praktisch keine Möglichkeit mehr, bis zum 1. Oktober ein gültiges Zertifikat über die Impfung zu erlangen, da die meisten Veranstalter dieses erst zwei Wochen nach dessen Ausstellung akzeptieren. Dies betrifft nicht zuletzt Jugendliche über 16 Jahren, die sich erst seit kurzem impfen lassen können.
Das Raster für die Zertifikatsanwendung ist zu grob.
In Bezug auf Personenaufkommen, Personendichte und Anforderungen an die Hygiene bestehen enorme Unterschiede zwischen grossen und kleinen Institutionen. Ein technisches Erlebnismuseum mit monatlich 30 000 Eintritten ist nicht vergleichbar mit einem kleinen, lokalen Kunstmuseum mit monatlich 200 Eintritten. Es erscheint weder medizinisch noch rechtlich angebracht, dass die grundverschiedenen Rahmenbedingungen in keiner Weise berücksichtigt werden und nur zwischen Aussen- und Innenräumen unterschieden wird.
Höhere Hürden erfordern eine finanzielle Kompensation.
Die wirtschaftliche Situation im Kulturbereich ist weiterhin fragil. Behördlich verfügte höhere Hürden beim Zutritt zur Kultur führen direkt zu weiteren Einnahmeneinbussen und müssen somit direkt mit Ausfallentschädigungen verbunden werden. Kulturinstitutionen und -veranstalter können das finanzielle Risiko zum jetzigen Zeitpunkt, da jegliche Reserven fehlen, nicht selbst tragen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verständlich, dass der Bundesrat zum jetzigen Zeitpunkt zwar die Anforderungen erhöht, sich aber nicht über eine mögliche Verlängerung der wirtschaftlichen Unterstützungsmassnahmen (Erwerbsersatz, Ausfallentschädigungen und Nothilfe) äussert. Die flankierenden Entschädigungsmassnahmen im Kulturbereich sind vor den aktuellen Entwicklungen unbedingt über Ende 2021 weiterzuführen. Alles andere führt zu einem Ausbluten der Kultur auf Zeit.
Tests ermöglichen die Früherkennung symptomloser Erkrankten.
Im Rahmen von sogenannten Vorort-Tests konnten in den letzten Wochen zahlreiche symptomlose Covid-19 Erkrankte erkannt und nach Hause geschickt werden. Ohne Test zur Teilnahme an einer Veranstaltung hätten sie sich weiterhin frei bewegt und allenfalls unwissentlich weitere Menschen angesteckt. Wenn nicht mehr flächendeckend getestet wird, werden als Nebeneffekt asymptomatische Krankheitsträger nicht mehr erfasst. Das ist nicht im Sinne der Pandemiebekämpfung. Jugendliche werden auf illegale Partys ausweichen. Hier fehlt die pandemische Kontrolle komplett. Es wäre wünschenswert, wenn Covid-19-Tests für asymptomatische Personen für den Veranstaltungszugang so lange kostenlos bleiben, bis die Zertifikatspflicht aufgehoben wird.
Akzeptanz des Zertifikats nicht gefährden.
Die Akzeptanz für das Zertifikat stieg mit der Anzahl an Testmöglichkeiten. Es ist davon auszugehen, dass die Zustimmung zum Zertifikat wieder abnehmen wird, wenn Tests kostenpflichtig werden. Eine solche Massnahme ist somit wenig förderlich in Bezug auf die Abstimmung zum Covid-Zertifikat. Wird diese verloren, hat der Bund kein anderes Instrument mehr in der Hand, als die Schliessung in bestimmten Bereichen der Kulturveranstaltungen zu verordnen. Dies wäre nicht nur finanziell verheerend, sondern würde einen weiteren Verlust an kultureller Vielfalt nach sich ziehen.