19. Dezember 2022
Kantonale Kulturförderung seit 2022 nur auf Pump gesichert.
Der Kantonsrat Zürich verabschiedete am 13. Dezember 2022 das Budget 2023. Im Bereich der Kulturförderung folgt er dem Antrag des Regierungsrats und sorgt damit zumindest für das Jahr 2023 für eine gewisse Stabilität. Das heisst, die öffentliche Kulturförderung kann im Jahr 2023 im bisherigen Mass weitergeführt werden. Das ist erfreulich. Allerdings trügt die Sicherheit, denn die Stabilität wird nur erreicht durch einen Rechnungstrick: Die Kulturfondsreserven, die für Einnahmeschwankungen aus den Swisslos-Erträgen vorgesehen wären, sollen sollen Jahr für Jahr abgebaut werden. Das ist nicht nachhaltig, denn in den Folgejahren sieht die Finanzplanung des Regierungsrates einen weiteren kontinuierlichen Abbau des Kulturfonds vor, bis er faktisch aufgebraucht ist. Damit vertagen Regierungs- und Kantonsrat das Problem der ungesicherten Kulturförderfinanzierung in eine ungewisse Zukunft.
Zwei-Säulen-Modell bestätigt, jedoch nicht nachhaltig.
Zwar bekennt sich nach dem Regierungsrat nun allmählich auch der Kantonsrat zum Zwei-Säulen-Prinzip – also der freien, nicht gesetzlich gebundenen Kulturförderfinanzierung durch Lotteriefondserträge zum einen und aus ordentlichen, staatlichen Budgetmitteln zum anderen. Doch lassen die eingestellten Beträge keinen Spielraum für die dringend erforderliche Weiterentwicklung auf dem Land, deren regionalen Zentren sowie den Agglomerationsgemeinden zu. Und sie berücksichtigen weder neue, verpflichtende Förderziele und Aufgaben, die auf die Fachstelle Kultur zukommen werden, noch den Strukturwandel, noch anstehende Innovationen und Transformationen.
Im Jahr 2024 droht eine Finanzierungslücke.
Voraussichtlich im Jahr 2024 wird der öffentlichen Kulturförderung das Geld ausgehen, um die bisherige Förderung im gleichen Mass weiterzuführen. Nach Berechnungen von Pro Kultur Kanton Zürich hat das im Jahr 2021 in Kraft getretene kantonale Lotteriefondsgesetz zur Folge, dass der Status Quo der bisherigen Kulturförderung nur teilweise garantiert ist:
Erstens bürdet die neu eingeführte so genannte Ventilklausel der Fachstelle Kultur schrittweise Aufgaben auf, die bis anhin von anderer Seite finanziert worden waren:
– Ausrichtung von Investitionsbeiträgen an kleine und mittlere Betriebe
– Finanzierung des Bereichs Schule und Kultur
– Kompensation der Unterstützung der Zentrumsstädte Zürich und Winterthur (Legislaturtranche)
– Sonderprojekte und weitere Aufgaben
Daraus entsteht in der übrigen Kulturförderung ab 2024 ein jährliches Finanzierungsloch von mindestens 7 Mio. Franken mit der unausweichlichen Folge eines massiven Abbaus des kulturellen Angebots im gesamten Kanton Zürich.
Zweitens sind in der Finanzplanung keine Mittel für Innovation vorgesehen. Zum Beispiel fehlt dem Kanton Zürich noch immer ein Konzept zur Förderung der neuen Medien. Das bedeutet Stilltand, was sich der Kanton nicht leisten kann.
Drittens trifft die Corona-Krise die Kulturbranche besonders hart – mit noch Jahre währenden negativen Nachwirkungen. Umso mehr sind hier in vorausschauender Planung angemessene Mittel für Transformationsprozesse einzuberechnen.
Viertens sind die Agglomerationen, die regionalen Zentren und Gemeinden in der bisherigen Kulturförderung viel zu schwach dotiert. Wenn der Strukturwandel, das Bevölkerungswachstum, die Teuerung und die Stärkung des überregionalen und regionalen Kulturschaffens berücksichtigt werden sollen, sind weitere Budgetmittel nötig.
Stocken Regierungs- und Kantonsrat die Mittel für die Kulturförderung nicht auf, kommt dies einer Kürzung gleich, die unweigerlich zum Gesamtkollaps der Kulturförderung führen wird.
Fazit: Es drohen Kürzungen und der Verlust des Kulturstandorts Zürich.
Die vom Regierungsrat in Aussicht gestellten zusätzlichen Mittel aus dem Staatshaushalt machen die Lücke aus dem Lotteriefonds nicht wett. Ohne Erhöhung der Staatsmittel werden der freien Kulturförderung voraussichtlich ab 2024 weniger Mittel zur Verfügung stehen als heute. Das wäre ein Rückschritt für den Kanton Zürich.
Betroffen wären etablierte Institutionen genauso wie Klein- und Kleinstproduktionen. Zahlreiche Betriebe beziehungsweise Produktionen in den Städten, in den Agglomerationen und auf dem Land aus den Bereichen bildende Kunst, Film, Literatur, Musik, Tanz, Theater und weiterer stünden vor dem Aus. Ebenso die Kulturprogramme der Gemeinden. Dies unabhängig von der Corona-Krise.
Es braucht mehr Mittel für Innovation.
Die öffentliche Kulturförderung benötigt nicht weniger, sondern mehr Mittel. Sie soll nicht nur Bestehendes weiterhin ermöglichen, sondern auch mutig und innovativ Raum für die Entstehung von Neuem bieten und so den Kulturstandort Zürich sichern. Den kulturellen Entwicklungen und neu entstehenden, innovativen Sparten ist Rechnung zu tragen – ohne Kannibalisierung der bestehenden Bereiche.
Es sind in vorausschauender Planung angemessene Mittel für Transformationsprozesse, für die Entwicklung der Agglomerationen, der regionalen Zentren, Gemeinden und Städte zu berücksichtigen. Der Strukturwandel ist ebenso einzubeziehen wie das Bevölkerungswachstum, die Teuerung und die Stärkung der überregionalen Zusammenarbeit.